Puppentheater “Hans Wurst Nachfahren” beendet 2018 Spielbetrieb

Puppentheater Hans Wurst Nachfahren
Foto: Gregor Selle

Die Puppen sind müde

Das von Barbara Kilian  und Siegfried Heinzmann 1981 in den Mehringhöfen gegründete Puppentheater beendet nach 37 Jahren im September 2018 seinen Spielbetrieb.

Die damalige Eigentümerin, die TFG Treufonds Verwaltungs GmbH & Co KG, verpflichtete sich nach dem durch öffentliche Mittel geförderten Umbau des Hauses, die Räumlichkeiten mindestens 20 Jahre kulturell zu nutzen. Der Mietvertrag lief bereits Ende 2013 aus.

Betreiber kümmerten sich nicht um eine Nachfolge

Den Theaterleuten war bekannt, dass der Mietvertrag Ende 2013 ausläuft und, dass sich die Eigentümerin seit 2012 mit dem Gedanken trug, das Haus zu verkaufen und seit dem Interessenten durch das Theater schleuste. Allerdings kümmerten sich die beiden Theaterleute wenig um eine Fortführung der Spielstätte oder ggfs. um neue Räumlichkeiten. Erst aus den Medien erfuhren Barbara Preil, ich sowie mit den Theaterleuten Befreundete im Juni 2014 von der bevorstehenden Schließung des Puppentheaters. Spontan gründeten wir die Initiative „Aktionsbündnis Kiezkultur“, um die Theaterleute bei dem vermeintlichen Erhalt ihres Theater zu unterstützen.

Kampflos glücklich

Einige Tage später gab es ein wenig konstruktives Gespräch mit den beiden Theaterleuten. Diverse Gerüchte gab es über die Zukunft der Räumlichkeiten. Schnell wurde jedoch klar, dass der neue Eigentümer Jörg Hiller alias Konrad Sprenger die Räumlichkeiten des Theaters als einen Ort für Kreative und Kunstschaffende erhalten wollte. Aus den Gesprächen mit Barbara Kilian und Siegfried Heinzmann war deutlich erkennbar, dass die beiden Theaterleuten nicht zwingend um den Erhalt der Spielstätte als Puppentheater kämpfen wollten, sondern es ihnen vielmehr darum ging, noch einige Jahre “spielen” zu können. Vielleicht verständlich in Anbetracht des Alters der beiden Theaterleute.

Barbara Kilian hat mir gegenüber mal gesagt, dass sie nicht um ihr Puppentheater kämpfen werde, um die zarten Gespräche mit dem Senat um einen Weiterbetrieb nicht negativ zu beeinflussen. Ich habe ihr damals schon mein Unverständnis ausgedrückt und ihr gesagt, dass sie lautstark mit Pauken und Trompeten auf ihr Theater aufmerksam machen muss, wenn es ihr um ihr Puppentheater und nicht um sich selbst ginge. Letztendlich ging es ihr nur um ihren Selbstwillen so lange wie möglich spielen zu können, jedoch nie darum, das Puppentheater zu übergeben und langfristig zu erhalten.

Dies führte auch zu unterschiedlichen Ansichten innerhalb des Aktionsbündnisses, aus dem wir uns schlußendlich auch verabschiedeten.

Ziel verfehlt

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Vertreter der Initiative Kiezkultur “Rettet das Theater am Winterfeldplatz” bei der Eröffnung der Begegnungszone Maaßenstraße

Die verbliebenen Akteure um Jochen Dannert machten mit der von ihnen gegründeten Initiative Kiezkultur “Rettet das Theater am Winterfeldplatz” mobil und starteten eine Online-Petition, um eine Gnadenfrist für das Puppentheater zu erreichen. Leider ging es den Akteuren nicht darum, die Spielstätte zu erhalten und für eine Nachfolge, ein Konzept und somit eine weitere Spielstättenförderung zu sorgen, sondern lediglich die (egoistischen) Interessen der bisherigen Theaterleute für ihren eigenen Noch-Weiterbetrieb zu vertreten.  Online und mit roten Nasen auf dem Winterfeldtmarkt sammelten sie in 10 Monaten 15.754 Unterschriften, wovon lediglich 5.533 Unterschriften aus dem Bezirk Tempelhof-Schöneberg kamen. Knapp 2.000 Unterschriften wurden von Berlin-Touristen abgegeben.

Mit diesem Ergebnis hatten die Akteure zwar eine gute Ausgangsposition für eine Verhandlung mit dem Bezirk und dem Senat, jedoch weiterhin kein Konzept. Am 18.11.2015 schafften Sie es jedoch  die BVV Schöneberg zu überzeugen, einstimmig zu beschließen, sich bei dem Kultursenator für den weiteren Betrieb des Puppentheaters einzusetzen.  Ein langfristiger Erhalt des Puppentheaters war jedoch von zwei Faktoren abhängig. Zum einen, ob es einen Ersatzstandort für den jetzigen Eigentümer Jörg Hiller für seine geplanten Aktivitäten geben wird und viel wichtiger, ob es eine Nachfolge für die Intendanz von Siegfried Heinzmann und Barbara Kilian geben wird, da beide nach Beendigung ihres bis 2018 geplanten Spielplans nicht mehr zur Verfügung stehen.

Generationwechsel am Winterfeldplatz

In einer Presserklärung vom 05. Februar 2016 gibt die Senatskanzlei für kulturelle Angelegenheiten Folgendes bekannt:

Das traditionsreiche Puppentheater Hans Wurst Nachfahren kann seinen Spielbetrieb am Winterfeldtplatz bis zum Ende der Spielzeit 2017/18 fortführen. Das Land Berlin konnte Ende Januar seinen Mietvertrag mit dem Eigentümer des Hauses bis zum 30.September 2018 verlängern. Die beiden Betreiber des Theaters, Barbara Kilian und Siegfried Heinzmann, haben angekündigt, sich danach anderen Aufgaben widmen zu wollen, sie werden ihren Spielbetrieb am Theater am Winterfeldtplatz einstellen. Der Eigentümer, Jörg Hiller, der das Haus bereits 2013 zur eigenen Nutzung erworben hat, plant den Standort auch nach dem Auszug des Theaters weiter kulturell zu nutzen. Neben der Einrichtung eines Tonstudios soll hier ein Ort für experimentelle Musik entstehen, der Proben und Konzertveranstaltungen freier Künstlerinnen und Künstler ermöglicht.

https://www.berlin.de/sen/kultur/aktuelles/pressemitteilungen/2016/pressemitteilung.441607.php

Den Akteuren der Initiative Kiezkultur “Rettet das Theater am Winterfeldplatz” beglückwünsche ich zu ihrem Erfolg, ihr Ziel durchgesetzt zu haben, den beiden Theaterleuten noch eine möglichst lange Spielzeit zu ermöglichen. Wenn die beiden Theaterleute ihr Puppentheater für immer schließen werden, wird Siegfried Heinzmann 80 Jahre und Barbara Kilian 67 Jahre alt sein. Ich wünsche den beiden, dass sie die Jahre bei voller Gesundheit und weiterhin viel Spaß beim Theaterspielen verbringen und sodann ihren Ruhestand genießen. Danke, liebes Puppentheater, dass ihr unseren Kiez über viele Jahre bereichert und viele Kids über Generationen begeistert habt.

Zugleich freue ich mich darauf, was Jörg Hiller alias Konrad Sprenger künftig in den Räumlichkeiten des dann ehemaligen Puppentheaters veranstalten wird.

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Gregor Selle

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